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Die Plittershagener Stahlschmidts

In Plittershagen lebt Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts der Kirchenälteste und Gerichtsscheffe Hans Stahlschmidt, der bei der Heirat seines Sohnes Peter im Jahr 1623 StahlHansen genannt wird. Zwischen 1619 (Heirat des Sohnes Christianus Stahlschmidt und 1634 (Heirat des Sohnes Hanss Henrich Stael)  finden wir abwechselnd Stahlschmidt und Stal/Stael/Stahl als Familiennamen im Freudenberger Kirchenbuch, bis sich schliesslich Stahl durchsetzt. Als Christ Stael 1622 einen Sohn taufen lässt, ist Johannes Stahlschmidt aus Heisberg Pate, was aber wohl nicht an einer Verwandtschaft der beiden Stahlschmidt-Familien, sondern eher an Christians Frau Cathrin Faust aus Heisberg liegt.

Der erste “echte” Stahlschmidt-Namensträger und Begründer des Plittershagener Stammes ist Johann Georg Stahlschmidts ältester Sohn Anton, der seine Ehefrau Hanna Zeitenbach um 1627 zum Traualtar führt und, wie erwähnt, für den hier behandelten Nachwuchs sorgt.

Bekannte Persönlichkeiten dieses Zweiges sind Johann Christian Stahlschmidt (*3.3.1740, +1.6.1826), dessen Briefe aus den Jahren 1797/98 unter dem Titel "Die Pilgerreise zu Wasser und zu Lande oder Denkwürdigkeiten der göttlichen Gnadenführung und Fürsehung zu dem Leben eines Christen, der solche, auch besonders in seinen Reisen in alle vier Haupttheile der Erde reichlich an sich erfahren hat" in Buchform und sogar in englischer Sprache erscheinen und zur damaligen Zeit einen Bestseller darstellen (Kessinger Publishings bieten die Pilgerreise seit 2009 wieder in englischer Sprache im "print-to-order" Verfahren an) oder Johann Peter Stahlschmidt (*1751), der bekannte Uhrmacher, von dessen Kunst noch heute richtig gehende Standuhren zeugen. Weitere Nachfahren des Plittershagener Stammes sind die englischen und dänischen Stahlschmidts sowie der österreichische Ottomar Stahlschmidt, denen auf dieser Seite jeweils ein spezielles Kapitel eingeräumt wird. 

 

Stahlschmidt-Haus in Freudenberg, in den Siebziger Jahren von Sabrina Steelsmith aus England fotografiert. Porträt des "Pilgers" Johann Christian Stahlschmidt aus dem berühmten Londoner Fotoatelier Bradshaw, das ich Esme Packer verdanke.
Neben den vielen ehrenwerten und hoch angesehenen Stahlschmidt-Nachkommen gibt es natürlich, wie überall, auch "schwarze Schafe" in der Familie. So macht sich Anna Maria Stahlschmidt, eine Urenkelin des Plittershagener Stammvaters und gewesene Ehefrau Deuss (oo 28.10.1756), mit einem französischen Soldaten davon, wie aus dem nachfolgenden Kirchenbuchauszug von 1768 hervorgeht.

Anna Marias Vater ist Johann Tillmann Stahlschmidt (~18.08.1709 Freudenberg-Plittershagen), der in erster Ehe die Hückeswagener Witwe Anna Christina Fumm, geb. Borner heiratet und der es in Hückeswagen zu grossem Ansehen bringt (die Stahlschmidt-Brücke in Hückeswagen-Kobeshofen ist nach ihm benannt). Seine zweite Ehe geht Johann Tillmann mit Maria Gertraud Schlieper am 20.05.1744 in (Wuppertal)-Elberfeld  ein. Sohn Johann Abraham aus der Ehe mit Maria Gertraud wird am 13.04.1769 in Elberfeld begraben.


Johannes, der Vater des Pietisten Johann Christian Stahlschmidt (sein Taufpate ist der herzoglich Eisenachische Schultheiss zu Niederfischbach, Johann Christian Meyer) muss ein besonders gutes Verhältnis zu seinem Hückeswagener Bruder, dem oben erwähnten Tillmann Stahlschmidt, gehabt haben, denn Tillmann ist Pate bei der Taufe von Johannes' Sohn Tillmann am 21. Januar 1742, und seine zweite Ehefrau Maria Getrud Schlieper aus Elberfeld ist die zweite Patin bei der Taufe von Johannes' Tochter Charlotte Gertrud am 30. Oktober 1746. Weitere Hückeswagener Paten von Johannes Stahlschmidts Kindern in Freudenberg sind:
Maria Catharina, Ehefrau des Johann Caspar Börner, Bürger und Gemeindevorsteher in der Freiheit Hückeswagen, und zwar wird sie als zweite Patin bei der Taufe von Tochter Anna Maria Magdalena am 22. Dezember 1743 erwähnt; 

Maria Catharina, die eheliche Hausfrau des Johann Conrad Engelmeyer in der Freiheit Hückeswagen und Johannes' Schwester Anna Christina, die mit Johannes Zipshausen, einem gebürtigen Hückeswagener verehelicht ist, sind Gevatterinnen von Johannes' Tochter Maria Christina, die bei der Taufe am 12. März 1752 von ihrer Tante Anna Christina gehalten wird.Handkehrum finden wir dieselben Patinnen und Paten bei den Taufen von Tillmanns Kindern in Hückeswagen. Die vorerwähnte Anna Christina Zipshausen geb. Stahlschmidt, die 1732 in erster Ehe Johann Henrich Siebel zum Ehemann bekommt, ist Patin ihrer Nichte Anna Christina, die Tillmann Stahlschmidt am 13. August 1730 in Hückeswagen taufen lässt, und bei der Taufe seines Sohnes Johannes am 12. Dezember 1734 steht wiederum Bruder Johannes aus Freudenberg Pate. Schliesslich ist die Ehefrau des vorerwähnten Johannes Caspar Börner, namens Maria Catharina Steinkühler (im Hückeswagener Kirchenbuch steht Maria Gertraud) Gevatterin der am 5. Mai 1736 getauften Maria Catharina Stahlschmidt.


Pate des späteren Hückeswagener Tillmann Stahlschmidt ist sein am 18.2.1670 geborener Onkel Tillmann Stahlschmidt, der in Herborn Theologie studiert, zur Zeit der Taufe im Jahr 1709 als Inspektor in der Grafschaft Wittgenstein tätig ist und nicht selbst zu den Feierlichkeiten kommen kann (an seiner Stelle steht Tilmann Schleiffenbaum, vor der Hardt, KS Siegen, zur Taufe). 

Inspector Tillmann Stahlschmidt wird am 27.2. getauft, und der Taufpate ist sein Urgrossvater Tillmann Müller/Möller aus Freudenberg. In Herborn heiratet Tillmann Stahlschmidt in erster Ehe Anna Catharina Niess, Tochter des Franz Niess und der Anna Elisabeth Kunkel. Anna Elisabeths Grossvater Johannes Kunkel ist gemäss Familienforscherin Gabriele Wiechert Kirchenbaumeister in Herborn. Anna Catharina Niess wird nach siebenjähriger Ehe am 6. November 1701 in Laasphe zu Grabe getragen, und Tillmann heiratet am 16. Mai 1702 in zweiter Ehe Anna Christine Hildebrandt, die am 29. Januar 1674 als Tochter von Hermann Hildebrandt, Professor an der hohen nassauischen Schule,  und seiner Ehefrau Marie Ernestine Dilthey in Herborn geboren wird. Interessanterweise führen die Wurzeln ihrer Mutter Marie Ernestine wieder ins Siegerland, denn sie ist eine Enkelin des ehemaligen nassauischen Rentmeisters Johannes Dilthey in Hilchenbach. Tochter Anna Christina Hildebrandt schenkt Tillmann am 20. Dezember 1705 Sohn Philippus Hermannus Christianus, der ein halbes Jahr später stirbt, nachdem seine Mutter am 15. Januar 1705 ihr Leben im Kindbett verliert. Tillmann heiratet noch im selben Jahr ein drittes Mal, und in dieser Ehe werden ihm weitere acht Kinder geboren.  Im Jahr 1736 stirbt Tillmann und hinterlässt auf der ganzen Welt eine grosse Schar von Nachfahren, darunter die englischen und brasilianischen Stahlschmidt, die von seinem ältesten Sohn erster Ehe, Johann Franz Stahlschmidt, abstammen.

Nachfolgend Auszüge aus einem von Inspektor Tillmann Stahlschmidt in Bad Laasphe im Jahr 1708 geführten "Lagerbüchlein", für die ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bei Herrn Jochen Karl Mehldau bedanke.
 

 
Eine der vielen beeindruckenden "Stahlschmidt-Ehefrauen" ist Inspektor Tillmanns Schwägerin Anna Margarethe Jeck, verheiratet 18. Oktober 1689 mit Tillmanns jüngerem Bruder und späterem Gerichts- und Bergschöffen Johann Georg Stahlschmidt. Anna Margarethe kommt im Mai 1680 in Freudenberg-Hohenhain zur Welt, wo sie am 23. getauft wird. Ihre Eltern sind der am 10. August 1647 in Füssen* geborene Laurentius Jeck und Margaretha Wildenburg aus Hohenhain, und als ihreTaufpaten werden Anna Margarethe, die Ehefrau des Siegeners Hermann Ax und Matthias Schmidt aus Römershagen genannt.  Nach dem Tod ihres ersten Mannes bekommt Anna Margaretha am 15. Juni 1736 den 47jährigen Junggesellen Egideon Göbel zum Ehemann, ein Bruder von Pastor Johann Eberhard Goebel, der bei Jung-Stilling "Pastor Goldmann" genannt wird.  Als Anna Margaretha am 3. Februar 1742 die Augen für immer schliesst, schreibt Pastor Vollpracht ins Totenbuch: "1742 - stirbt in der nacht vom 2. Februar auf den 3.,  Egideon Göbels Bürgers allhier ehel. Hausfrau, diesselbe ist getauft den 23. Mai 1680, ist in die erste Ehe getretten mit weyl. Joh. Georg Stahlschmidt, gewessenen Bürgers allhier auch Berg- und Gerichtsschöffen anno 1698, den 18. Oktober, mit demselben hat sie in der Ehe gelebt biss in annum 1731 den 24. Juny, mithin 31. Jahr weniger 3 monathe, darinnen erzielt 16 Kinder, wovon annoch 5 leben, nehmlich zwey Söhne und 3 Töchter, von welchen sie 30 Enckeln erlebet, deren 11 gestorben, 19. aber annoch sich bey leben befindten. In dem Wittibenstandt hat sie zugebracht an die 5. Jahr. In die 2. Ehe ist sie getretten den 15. Juni 1736 u. darin gelebt 5 Jahre und 7 Monathe, dass ihr ganzes alter sindt 61 Jahre u 8 Monathe". Einer der vielen Ururenkel von Anna Margaretha Jeck ist der am 16. Januar 1815 in Freudenberg in die Ehe des Johann Friedrich Stahlschmidt und der Maria Louise Busch geborene Johannes Stahlschmidt, den es als Färber nach Mönchen-Galdbach zieht, wo er im Alter von 50 Jahren am 21. April 1865 Maria Helena Hoettges heiratet.


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* Das Geburtsdatum hat Martin Spies dankenswerterweise eruiert und geliefert.